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1923: In der Schule auf Stroh

Alle vier Jahre fand ein Deutsches Turnfest statt, ebenso ein Gauturnfest. Wer an diesen Festen teilnehmen wollte, mußte sich beim Untergau melden. Hier wurde der Ort bestimmt, an dem die Ausscheidungswettkämpfe stattfinden sollten. Wir mussten an Geräten Pflichtübungen turnen. Die Ausführung wurde mir Punkten bewertet. Auch die Leichtathleten mussten in die Qualifikation. Die Ergebnislisten wurden an den Turngau gesandt. Dort wurden die Besten namhaft gemacht. Denn am Deutschen Turnfest konnte nur eine von Oben bestimmte Anzahl teilnehmen. Zum Deutschen Turnfest in München 1923 haben wir uns mit zehn Teilnehmern als Zuschauer gemeldet. Die Gaue Schleswig-Holstein, Hamburg und Hannover hatten bei der Bahn einen Sonderzug von Altona nach München bestellt. Wir hatten dadurch niedrigere Fahrtkosten. Auch für die Anreisezüge gab es verbilligte Fahrkarten. Der Zug hielt am Hamburger Hauptbahnhof, in Harburg, Lüneburg. Uelzen und Hannover. Von dort ging es ohne Halt durch bis München. In München haben wir in einer Schule geschlafen. In den Klassenräumen waren die Tische und Bänke in eine Ecke gestellt. Auf den Boden wurde Stroh geschüttet. Jeder von uns hatte zwei Wolldecken mitgebracht - eine kam aufs Stroh, mit der Zweiten deckte man sich zu.
Kurz vor Beginn des Turnfestes gab es in München einen handfesten Krach. Die Brauereien wollten während der Festtage die Bierpreise erhöhen. Aber die Gaststätten weigerten sich höhere Preise zu zahlen. Gastwirte-Verband, Oberbürgermeister und die Deutsche Turnerschaft setzten sich mit den Brauereien zusammen und verhandelten. Durch die Inflation bedingt kletterten die Preise sowieso jeden Tag. Es kam zu dem Beschluß: Die Preise werden nicht erhöht. Die Maß Bier - l Liter - kostete dann während des Turnfestes 3500,- Mark.
http://www.tusfleestedt.de/bilder/Turner_1930.jpg
Viele Jahre lang wurde am 2. Ostertag - 1930 z.B. bei Krohwinkel in Hittfeld - ein Geräte-Wettkampf ausgetragen. Die Turner aus Hittfeld, Marmstorf und Fleestedt trafen zusammen. Friedel Sahling (ganz rechts) war sehr oft dabei.